Entscheidungen
- Die Informationspflicht der Behörden bei lebensmittelrechtlichen Verstößen nach § 40 Abs. 1a LFGB ist zulässig – zunächst bis zum 30.4.2019 (Bundesverfassungsgericht 21.3.2018)
Die Behörden sind nach § 40 Abs. 1a LFGB in der Lage und auch gesetzlich verpflichtet, bei Lebensmittelverstößen das Unternehmen und die Art des Verstoßes im Internet auf der eigenen Behörden-Internetseite oder auch auf einer zentralen Internetplattform zu veröffentlichen. Jedermann kann dann diese Informationen über lebensmittelrechtliche Beanstandungen des entsprechenden Unternehmens einsehen und sich informieren. Es sind alle Lebensmittelunternehmen unabhängig von der Größe davon betroffen, so also Lebensmittelproduzenten, Großhändler, Einzelhandel, Restaurants, Cafés, Kiosks, Kantinen, Kneipen etc.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 21.3.2018 entschieden: Die Veröffentlichungen von lebensmittelrechtlichen Verstößen im Internet sind dann vereinbar, wenn diese personenbezogenen Informationen im Gesetzestext zeitlich begrenzt sind. Diese zeitliche Begrenzung fehlte bisher in § 40 Abs. 1a LFGB, der die Informationsveröffentlichung ermöglicht.
Der Gesetzgeber wird nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bis zum 30. April 2019 eine Regelung zur Dauer der Veröffentlichung zu treffen haben.
Ganz entscheidend: § 40 Abs. 1a LFGB ist bis zu einer solchen Neuregelung, längstens aber bis zum 30. April 2019 von Behörden anzuwenden. Auf Grund der bisherigen Behördenpraxis – Befristung gerade im Internet bis höchstens 12 Monate – ist davon auszugehen, dass in dieser Übergangszeit die Norm verfassungsgemäß angewendet wird und Veröffentlichungen stattfinden werden.
Der bisher im Vordergrund stehende Einwand, die Veröffentlichung (gerade im Internet) verstoße gegen das Recht der Berufsfreiheit und führe zu unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen, tritt hinter das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurück. Ein weiteren Einwand hat das Bundesverfassungsgericht auch als unbeachtlich angesehen, auf eine konkrete Gesundheitsgefahr kommt es für die Veröffentlichung nicht an, hierfür gelten andere Gesetzesvorschriften: Art. 10 VO (EG) Nr. 178 / 2002 und § 40 Abs. 1 LFGB.
Die Anwendung von § 40 Abs. 1 a LFGB bezieht sich auch auf Verstöße, die die Betriebshygiene betreffen.
Die Lebensmittelüberwachungsbehörden haben seit Mai 2013 von den Veröffentlichungen auf ihren Internetplattformen abgesehen, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten.
Nicht ganz klar ist, wie die Lebensmittelüberwachungsbehörden nunmehr mit den so genannten „Alt“-Beanstandungen verfahren werden, also solche, die sich seit Mai 2013 ereignet haben, sich die Informationspflicht nach § 40 Abs. 1 a LFGB in „Quarantäne“ befand (nicht angewendet wurde) und die Verstöße nun bereits behoben sind. Hier wird es um die Bewertung gehen, ob eine jetzt nicht mehr aktuelle Information der Öffentlichkeit dem Ziel – Verbraucherinformation für eine sachgerechte Kaufentscheidung – noch gerecht werden kann. Bevor die Lebensmittelüberwachung eine Veröffentlichung beabsichtigt, hat sie den Lebensmittelunternehmer anzuhören. In einem solchen möglichen Fall könnte im Wege des Eilrechtsschutzes vorgegangen werden, um durch das Verwaltungsgericht die beabsichtigte Veröffentlichung untersagen zu lassen.
Aktuell: Der Gesetzgeber hat die vom Bundesverfassungsgericht geforderte „Löschungsfrist“ hinzugefügt:
- 40 Abs. 1 a LFGB
(4a) „Die Information nach Abs. 1a ist einschließlich zusätzlicher Informationen nach Abs. 4 sechs Monate nach der Veröffentlichung zu entfernen.“
Die Löschungsfrist beträgt nun 6 Monate. Das heißt, dass die zuständige Behörde die veröffentlichten Informationen über Mängel des Lebensmittelunternehmers nach 6 Monaten von der Internetseite der Behörde wieder entfernen muss.
Beispiele von Internetseiten der Behörden:
https://verbraucherinfo.ua-bw.de
https://lebensmitteltransparenz.nrw.de
Für den Fall, dass sich die für Sie zuständige Lebensmittelüberwachung zu einer Veröffentlichung (noch) entschließen sollte und Sie eine Anhörung erhalten, so nehmen Sie gerne für eine Beratung Kontakt auf.
Ebenso besteht nun Achtsamkeit für Unternehmen mögliche Verstöße zu vermeiden, denn bei neuen Beanstandungen durch die Lebensmittelüberwachung werden Veröffentlichung im Internet durch die Behörde die Folge sein.
Bei lebensmittelrechtlicher Beratung im Vorfeld oder bei konkreten Fragen oder eingetretenen Beanstandungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf, die Kanzlei ist spezialisiert auf dem Gebiet des Lebensmittelrechts.